Gedanken zum Thema Unterbringung von Asylbewerbern
Keiner in unserer Gemeinde hat das Recht sich gegen die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern zu wehren. Es ist eine Pflicht die jede Kommune hinsichtlich der Flüchtlingswellen zu erfüllen hat und sollte aufgrund moralisch, ethischer Gründe nicht in Frage gestellt werden. Vorurteile gegenüber Menschen aus anderen Kulturen und persönliche Irritationen haben aus meiner Sicht keinen Vorrang.
Für mich bleibt trotzdem die Frage, wie eine Gemeinde diese Pflicht der
Asylunterbringung löst? Sollen die in Not geratenen Mitmenschen in
Massenunterkünften hausen oder bietet ihnen die Kommune eine Unterkunft, die menschenwürdig ist. Ist es nicht die Pflicht der hierfür Verantwortlichen, dafür zu sorgen, Integration möglich zu machen?
Ich höre oft das Argument, mit der Aufnahme von Asylbewerbern würde eine hohe Kriminalität entstehen. Dieses Argument ist leider nicht immer zu entkräften. Allerdings liegt es nicht daran, dass Asylbewerber kriminell sind. Schließlich sind viele von ihnen aus Angst vor Gewalt aus ihrem eigenen Land geflohen um in Frieden leben zu können. Aber wie
kommt es dann zu Kriminalität?
Ich selbst arbeite in einer sozialen Einrichtung in der Menschen verschiedener Herkunftsländer auf engem Raum miteinander leben
müssen. Dies ist eine riesige Herausforderung für die Betroffenen die aufgrund sprachlicher Barrieren, unterschiedlicher Kulturen und Religionen, sowie negativer Erfahrungswerte, in einem ständigen Spannungsfeld leben müssen. Es gibt einfach sehr viele Lebensweisen auf unserem Erdball. Aus meiner Erfahrung heraus funktioniert eine Annäherung untereinander und das Verständnis füreinander nur in kleinen Gruppen, in denen man sich kennenlernen kann und im
Austausch miteinander ist. Hier wird eine hohe Sensibilität benötigt, die mit Hilfestellung von Seiten der Sozialarbeiter gut gelingen kann.
Leider sind diese Voraussetzungen in den geplanten Asylheimen, schon aufgrund der Anzahl der Menschen, der räumlichen Situation und dem fehlenden Fachpersonal nicht gegeben. Das heißt für mich, dass das Projekt Integration aufgrund dieser Erfahrungswerte jetzt schon zum Scheitern verurteilt ist.
Dies scheint der Gemeinderat mit seiner momentanen Entscheidung nicht bedacht zu haben. Wirtschaftlichkeit in allen Ehren, aber wird hier sehenden Auges eine auf die Gemeinde zurollende Problemwelle in Kauf genommen, die wiederum ein gefundenes Fressen für Rechte
ist, welche mit ihren ausländerfeindlichen Parolen genervte Bürger für sich gewinnen wollen? Nach 70 Jahren Frieden in unserem Land finde ich diese Vorstellung unerträglich.
Deshalb bitte ich die Gemeinderäte, denen wir Bürger bei der Wahl unser Vertrauen entgegengebracht haben, im Sinne aller, die Asylunterbringung in Kernen zu überdenken. Eine gleichwertige Verteilung von Asylbewerbern auf unterschiedliche Standorte in Rommelshausen und Stetten würde eine gute Integration möglich machen und den Rechtsradikalen in unserem Volk jegliche Plattform nehmen.
Meine jüngste Tochter spielte heute in Ihrem Kinderzimmer mit einem kleinen Jungen ausländischer Herkunft aus dem momentan
bestehenden Wohnheim, in unserer Straße. Gegenüber waren die großen Geschwister dieses Jungen mit anderen Kindern aus der Nachbarschaft auf dem Bolzplatz und die Mädchen spielten Verstecken in den Nachbargärten. Der bestehende Bolzplatz in der Seestraße
ist im Frühjahr und Sommer immer der Treffpunkt für die Kinder.
Integrationsschwierigkeiten hat dabei keiner. Auch christliche Jugendgruppen nutzen regelmäßig den Platz und sind bereit Außenstehende aufzunehmen.
Würde das derzeitige Wohnheim etwas erweitert und saniert, hätte eine überschaubare Anzahl an Menschen die Möglichkeit sich in unsere Nachbarschaft zu integrieren. Der Bolzplatz könnte ein Ort der Begegnung bleiben und zwischenmenschliche Mauern einreißen.
Ich wünsche mir, dass Asylbewerber, die voller Hoffnung in unser Land gekommen sind, an verschiedenen Standorten in Kernen die Möglichkeit haben sich wohl zu fühlen und jeder in unserer Gemeinde bereit ist, seinen Teil hierfür beizutragen. Asylbewerber die Opfer in ihrem eigenen Land waren, sollen nicht auch noch hier in unserem Land Opfer ihrer eigenen Enttäuschung werden und sich gezwungen fühlen, den Anschluss an Drogenbanden oder ähnliche kriminelle Organisationen zu suchen, die ihnen mehr versprechen als wir ihnen bieten können.
Zudem sehe ich es als Pflicht an, in unserem christlichen Abendland,
einmal das Christliche vor die Finanzen und die Wirtschaftlichkeit zu stellen und anderen Menschen zu zeigen, dass Nächstenliebe nicht nur ausgesprochen, sondern gelebt werden will. Ich würde mich freuen wenn sich Kernen hinsichtlich dieser Werte vorbildlich präsentieren könnte.
Ulrike Pfaff