Das Seestraßen-Projekt bleibt - Anwohner sind bei einer Bürger-Infoveranstaltung aufgebracht über den Plan für eine Tagespflege und ein Flüchtlingsheim statt dem Bolzplatz.
FZ vom 23.10.2015, Gerhard Schertler
Bei einer Bürgerinformationsveranstaltung zu den Bauplänen auf einem Bolzplatz an der Seestraße in Rommelshausen hat es keine Annäherung der gegensätzlichen Standpunkte gegeben. Die Gemeinde mit Bürgermeister Stefan Altenberger an der Spitze verteidigte am Mittwoch in der Alten Kelter vor etwa 100 Besuchern die Pläne der Kommune, den Bolzplatz stark zu verkleinern, von heute etwa 30 auf 40 Meter zu 24 auf 15 Meter, und stattdessen die Wiese für den Bau von dringend benötigten kommunalen Einrichtungen zu nutzen. Im Detail sollen eine Tagespflege für ältere Menschen, eine Sozialstation für die mobile Altenpflege, Betreuungsmöglichkeiten für Schulkinder und ein Kindergarten entstehen. Darüber hinaus beabsichtigt die Verwaltung dort das bestehende Obdachlosenheim zu erweitern, um zwischen 20 und 30 Flüchtlinge unterbringen zu können.
Nachdem Altenberger die Überlegungen und das Projekt als 'beispielhaft für den gesamten Rems-Murr-Kreis' vorgestellt hatte, kam es zu einem scharfen Wortgefecht zwischen Vertretern der Bürgerinitiative pro Bolzplatz um die Präsentation deren Vorstellungen. Der Schultes willigte nicht ein, als BI-Vertreter Thorsten Hergemöller die Standpunkte der Nachbarn ausführlich in Wort und Bild darstellen wollte. Der Bürgermeister lehnte die Präsentation mit dem Hinweis ab, dass dies dann bei allen Bürgerinformationen der Gemeinde zugelassen werden müsse. Altenberger erntete bei den Besuchern in der Alten Kelter für diese Haltung keine Zustimmung. Er duldete allerdings, dass Hergemöller die BI-Argumente ausführlich mündlich vortrug.
Noch aufgebrachter wurde die Stimmung, als der Schultes den Bolzplatz-Verteidigern vorwarf, sich aus egoistischen Gründen wichtigen kommunalen Einrichtungen in den Weg zu stellen. 'Ich verstehe nicht, dass sie gegen dieses Projekt sind. Sie haben doch auch Ihre Häuser auf eine Streuobstwiese gebaut', hielt Altenberger den Mitgliedern der BI vor. Hergemöller und seine Mitstreiter wiesen den Vorwurf selbstsüchtiger Motive zurück. Für sie wächst durch die geplante Überbauung des Bolzplatzes die Belastung ihres Wohngebiets durch die Zunahme des Verkehrs, der Verschlechterung des Klimas und durch den Wegfall einer Freizeitfläche, die für Kinder und Erwachsene gleichermaßen wertvoll ist, ins Unerträgliche. Zudem gebe es in Kernen eine Reihe von Standorten, die für dieses kombinierte Infrastrukturprojekt für Jung und Alt besser geeignet seien als die Seestraße. Hergemöller nannte in diesem Zusammenhang Freiflächen an der Tulpenstraße, die Hangweide, die der Diakonie Stetten gehört, oder die Kirchgärten. Insgesamt zählt die BI 27 Bauplätze auf Gemarkung Kernen auf, die ihrer Ansicht nach besser geeignet wären als der Bolzplatz, der sich im Lauf der Jahre zu einem Ort der Integration entwickelt habe.
In seiner Replik räumte der Bürgermeister die Existenz möglicher Standort-Alternativen ein. Allerdings seien sie für das geplante Projekt entweder zu klein, oder die Flächen stünden der Gemeinde in einem absehbaren Zeitraum nicht zur Verfügung. Zeit, um zusätzliche Einrichtungen für die Altenarbeit, die Kinderbetreuung und die Flüchtlingsunterbringung zu schaffen, habe die Gemeinde allerdings angesichts der aktuellen Lage nicht. Ebenso stünden gemeindeeigene Bauplätze nur sehr begrenzt zur Verfügung. Deshalb werde die Verwaltung die Pläne für das ehrgeizige und beispielhafte Projekt an der Seestraße weiter verfolgen und in absehbarer Zeit auch dem Gemeinderat präsentieren.
Nach einem mehr als zweistündigen Austausch der Argumente für und wider eine Überbauung des Bolzplatzes ist es am Mittwochabend in der Alten Kelter zu keiner Annäherung der Standpunkte gekommen. Die Anwohner wollen ihren Widerstand gegen die Pläne der Gemeinde allerdings nicht aufgeben. Jetzt soll versucht werden, den Gemeinderat für den Erhalt der Freizeitfläche bei den Wohngebieten zu gewinnen. 'Wir wollen dafür sorgen, dass mindestens zwölf Gemeinderäte für unsere Interessen stimmen', kündigte die Bürgerinitiative an. Diese Stimmenzahl bedeutet im Gemeinderat Kernen die Mehrheit.